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Neues Spiel, neues Pech
In Eckkneipen und Spielhallen sitzen Tag für Tag Hunderte Menschen vor Spielautomaten. Die wenigsten gewinnen, die meisten verlieren mehr als nur Geld. Wer sind diese Menschen? Lea Ernst und Paul Weinheimer haben sich für RUMS auf die Suche gemacht.
Zuerst landete der Mann, den wir hier Jan Brunner nennen, nur ab und zu in der kleinen Spielhalle gleich um die Ecke seiner Wohnung. Das war 2017. Er war damals 29 Jahre alt und arbeitete in der Gastronomie, hatte meist erst frühmorgens Dienstschluss, wenn die Bars und Kneipen in Münster schon geschlossen waren. Aber Brunner war noch nicht müde, sondern viel zu aufgedreht fürs Bett, in dem seine Freundin noch tief und fest schlief. Also ging er spielen. Erst ein, zwei Mal im Monat. Bald schon jeden Morgen.
Immer tiefer versank er im Glücksspiel. In der stillen Sucht, wie die Abhängigkeit von den Spielautomaten genannt wird. Eine Sucht, die Brunner seine Beziehung, 50.000 Euro Schulden und eineinhalb Jahre seines Lebens kosten sollte.
Wie Brunner sind gut zwei Prozent der Bevölkerung von Glücksspielsucht betroffen, knapp 1,7 Millionen Menschen. Weitere sechs Prozent, fünf Millionen Menschen, gelten als problematisch Spielende. Die Dunkelziffer ist hoch. Am Automaten zocken zählt zusammen mit Sportwetten zu den riskantesten Glücksspielen in Bezug auf Sucht.
Die Glücksspielsucht ist eine offiziell anerkannte Krankheit, wie nach Zigaretten oder Drogen. Die jede und jeden treffen kann, von der zweifachen Mutter bis zum bald pensionierten Möbelpacker, vor allem aber junge Männer. Die im Jahr 2021 insgesamt 5,2 Milliarden Euro Steuereinnahmen eingebracht hat. Die den Körper unversehrt lässt und deshalb vergleichsweise gut versteckt werden kann hinter den verdunkelten Glastüren der rund 8.500 Spielhallen Deutschlands. Ungefähr 20 davon stehen in Münster, die meisten in der Nähe des Hauptbahnhofs.
„Wieso kommst du nicht mal mit?“
An der Wolbecker Straße steht Betty Heimer neben dem Eingang zur Spielhalle. Auch sie hat in Wirklichkeit einen anderen Namen. In ihrem pastellfarbenen Jumpsuit und mit dem pinken Lidschatten ist Betty Heimer ein Farbtupfer in der grauen Ecke neben der Tür. Rechts verschwinden die Autos in der Bahnhofsunterführung der Wolbecker Straße. Eine Ratte wuselt durchs Gebüsch. Betty Heimer nimmt einen Zug von ihrer Zigarette und sagt trocken: „Na super, die wollte ich heute unbedingt noch sehen.“
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